Die Gleichstellung der Geschlechter ist ein Menschenrecht. Und gesetzlich ist sie in Deutschland längst gegeben – schon im Grundgesetz. Doch in der Realität haben Männer und Frauen immer noch unterschiedliche Lebensbedingungen und -chancen. Um das hehre Ziel wirklich zu erreichen, fordert der SoVD schon lange weitere, wirksame Maßnahmen. Ein neues Papier gibt dem Nachdruck.
Gerechtigkeit und Chancengleichheit gehen alle an. Das SoVD-Positionspapier erarbeiteten daher der Frauenpolitische Ausschuss (FPA) und der Sozialpolitische Ausschuss (SPA) gemeinsam. In den Blick rückt es die gleichberechtigte Teilhabe in Familie, Beruf und Politik, Umverteilung von Sorgearbeit sowie eine gerechte Arbeitsmarkt- und Steuerpolitik.
Gleichstellung nutzt der ganzen Gesellschaft. So bedeutet fair geteilte Erwerbs- und Sorgearbeit zum Beispiel auch, dass Männer nicht mehr „Versorger“ sein müssen und Väter mehr Zeit und Bindung mit ihren Kindern haben können.
Zwar sieht der Ampel-Koalitionsvertrag aus SoVD-Sicht viel Gutes vor, verspricht mehr Bewegung denn je und bis 2030 volle Gleichstellung. Doch Krieg und Krisen bremsten das Thema aus. Zuvor hatte die Pandemie den Stand sogar „zum Teil um Jahre zurückgeworfen“, so SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier. Mehr Frauen als Männer verloren ihre Arbeit und bei der Kinderbetreuung siegten alte Rollenmuster.
SoVD empfiehlt der Politik konkrete Maßnahmen
Der Verband drängt daher auf schnellere politische Schritte.Für echte Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen macht er konkrete Vorschläge. Das Papier geht an die Öffentlichkeit und Parteien. Michaela Engelmeier, Bundesfrauensprecherin Jutta König sowie die Frauensprecherinnen und aktiven Männer und Frauen der Gliederungen können es in Gespräche mit Politik und Gesellschaft einbringen.
Das findet der SoVD nötig:
- Freistellung des zweiten Elternteils rund um die Geburt eines Kindes, um Betreuung und Erziehung von Anfang an zu teilen,
- Freibetrag bei Sozialleistungen in Höhe des Mindest-Elterngeldes,
- Zuschüsse für haushaltsnahe Dienstleistungen: Mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Privathaushalten würdigt „weibliche“ Tätigkeiten und sichert ab,
- Sorgeberufe aufwerten: bessere Anerkennung, Bezahlung und Arbeitsbedingungen gegen das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern,
- gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit: Entgelttransparenzgesetz zu Lohngerechtigkeitsgesetz weiterentwickeln, Lohnlücke schließen,
- Niedriglohnsektor bekämpfen – Minijobs sozialversichert umwandeln: gegen Armut trotz Arbeit,
- Entgeltersatzleistung für pflegende Angehörige, um Pflegezeiten auszugleichen,
- mehr Repräsentanz von Frauen: verbindliche Quoten in Parteien, Parlamenten, Führungspositionen und Gremien,
- zeitgemäße Ehegattenbesteuerung: Splitting abschaffen, flankiert durch Kompensationsleistungen und Übergangsregelungen.
Frauen stärken in Familie, Beruf, Steuer, Absicherung
Bisher bremsen alte Rollenbilder Veränderung aus, verfestigt durch das Steuersystem. So bringen Frauen im Durchschnitt täglich anderthalb Stunden mehr Zeit für Haushalt, Kinder und Angehörigenpflege auf als Männer; Frauen in Paarbeziehungen mit Kindern sogar zweieinhalb Stunden mehr. Der „Gender Care Gap“, die Lücke zwischen den Geschlechtern bei unbezahlter Sorgearbeit, beträgt 52 Prozent und in den Paarhaushalten 83 Prozent. Das ergab der zweite Gleichstellungsbericht der Bundesregierung.
Der „Gender Care Gap“ ist verbunden mit dem „Gender Pay Gap“: Je mehr unbezahlte Sorgearbeit Frauen leisten, desto weniger Zeit bleibt für Erwerbsarbeit. Die Einkommenslücke wird eine noch größere Rentenlücke.
Tempo bei der Umsetzung statt Entwarnung
Die geforderten Maßnahmen sollen endlich Rahmenbedingungen für partnerschaftliches Teilen der Aufgaben schaffen. Am Arbeitsmarkt muss sich so ebenfalls etwas tun. Nur ein Bruchteil der erwerbstätigen Frauen ist in leitender Position, viele arbeiten in Branchen mit schlechten Bedingungen, geringer Stundenzahl und Niedriglöhnen. Selbst die Digitalisierung nutzt ihnen im Job kaum, zeigte der dritte Gleichstellungsbericht, wenige sind in der Branche tätig. Kein Grund zum Nachlassen also – mehr Tempo gegen das Ungleichgewicht tut Not.
Das detaillierte Positionspapier gibt es zum Gleichstellungsmonat März auf www.sovd.de.